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Stellungnahme der GEPS zur Organentnahme bei toten Babys erstellt am 15.12.1999
Wir möchten unsere Betroffenheit darüber zum Ausdruck bringen, daß Familien, in denen ein Kind am Plötzlichen Säuglingstod (SIDS) gestorben ist nicht über die Entnahme und über das weitere Vorgehen mit den Organen ihrer Kinder von der Studienleitung der BMBF-Studie zum Plötzlichen Säuglingstod aufgeklärt wurden und diese schriftlich genehmigen konnten.
Die Elternselbsthilfeorganisation GEPS-Deutschland e.V. hat eine Kindstodstudie grundsätzlich befürwortet und gewünscht.
Auf unseren Druck hin ist überhaupt erst ein Elternbetreuungskonzept in die jetzt laufende Studie eingeflossen, die Studie sollte ursprünglich ohne jegliche Elternbetreuung als reine Forschungsstudie durchgeführt werden. Wir haben darauf bestanden, daß wir die Studie nur befürworten können, wenn die elterlichen und familiären Belange von betroffenen Familien in Form eines Betreuungskonzeptes Berücksichtigung finden.
Wir haben gefordert, daß die vom SIDS betroffenen Familien in der Akutsituation direkt vor Ort betreut werden.
Wir konnten uns mit diesem „frühen Betreuungskonzept“ bei der Studienleitung nicht durchsetzen (eine direkte Beteiligung der Elternselbsthilfe an der Studie war von der Studienleitung nicht erwünscht) und haben uns aufgrunddessen von diesem Vorgehen distanziert.
Wir haben uns in den letzten Jahren für eine Obduktion bei den verstorbenen Säuglingen eingesetzt, da durch diese in der folgenden Schwangerschaft aufgrund des Obduktionsergebnisses das Risiko für ein weiteres Kind besser abgeschätzt werden kann.
Stoffwechselerkrankungen, Herzfehler oder andere gefundene Krankheiten lassen sich u. U. therapieren, wenn man sie bei einem Folgekind rechtzeitig erkennt.
Die Ergebnisse der Obduktion können für die Familien eine hilfreiche Entlastung bei quälenden Selbstvorwürfen oder Beschuldigungen anderer Personen darstellen, dabei sei besonders die Stigmatisierung der Eltern durch den kriminalpolizeilichen Einsatz im Falle des Kindstodes zu erwähnen.
Die Obduktion kann eventuell halfen, die Ursachen des Plötzlichen Säuglingstodes endlich endgültig aufzuklären oder auch weitere Risikofaktoren zu benennen.
Die Elternselbsthilfe hat eine umfassende Aufklärung der Eltern vor der Obduktion verlangt.
Bei der legalen (vom Staatsanwalt angeordneten) Obduktion muß bei einer Entnahme von Organen den Eltern die Entscheidung überlassen bleiben, ihr Kind mit oder ohne Organe zu bestatten, d.h. daß das Kind unter Umständen über einen längeren Zeitraum unter Kühlung aufbewahrt werden muß, oder Organe nachbestattet werden dürfen. Diese Untersuchungen dürfen ohne Einwilligung der Eltern nur dann durchgeführt werden, wenn sie dem Staatsanwalt über das Todesgeschehen Auskunft geben. Mit der staatsanwaltlich angeordneten Untersuchung am ganzen Organ (z. B. Gehirn) muß also der Nachweis erbracht werden können, ob ein Fremdverschulden bezüglich des Todesfalles vorliegt.
Bei von Eltern gewünschten freiwilligen muß den Eltern eine detaillierte Erklärung und Begründung über das Untersuchungsvorhaben gegeben werden. Die Eltern müssen zu den einzelnen Untersuchungen und Organentnahmen ihr Einverständnis geben. Dieses muß vor einer Obduktion schriftlich vorliegen.
Grundsätzlich gilt: werden Organe oder Organteile in Gewebebanken oder Gehirne in Gehirnbanken eingelagert, ist dieses bei allen Obduktionen den Eltern mitzuteilen.
Die Eltern müssen informiert werden und ihre schriftliche Zustimmung geben, wenn mit Gewebeproben oder ganzen Organen weitere Forschung betrieben werden soll; sowohl im Fall der Kindstodforschung, als auch bei darüber hinausgehender Forschung. Die Eltern müssen schriftlich vor der Obduktion genehmigt haben, bis zu welchen Punkt sie Forschung mittragen können und wollen.
Wir verlangen, daß Eltern darauf hingewiesen werden, daß mit eingelagertem Zellmaterial weitere umfassendere und auch bis jetzt nicht absehbare Forschung betrieben werden kann (hier stellt sich die Frage des Klonens).
Es muß für die Zukunft gesetzlich gewährleistet werden, daß für diese Forschungen allgemein ethisch moralische Vorstellungen der Gesellschaft Berücksichtigung finden und Regeln zur Verhinderung eines Mißbrauchs abgeleitet werden.
Prof. Dr. H. Schachinger, Berlin
Präsident der GEPS-Deutschland e.V.
Susanne Altsinger
Vizepräsidentin der GEPS-Deutschland e.V.